Was ist Ihr Background? Sie haben ursprünglich Ethnologie studiert?
Genau! Als Ethnologie-Student war uns das Studium ein bisschen zu trocken und theoretisch. Wir haben uns deshalb entschieden, auf eigene Faust Feldforschung zu organisieren: In Westafrika erforschten wir animistische Kulte bei einheimischen Stämmen. Wir waren dort drei Monate und haben mit den Menschen gelebt. Wir kamen auf die Idee, dies zu filmen. Wir hatten keine Ahnung von Filmen. Irgendwelche Freunde kannten wieder andere Leute, die uns eine Kamera liehen. Damals war Video noch exotisch und nicht wirklich tropentauglich. Aber nach einem Crashkurs legten wir einfach los. Dann kam auf einmal die Erkenntnis: „Das ist richtig spannend - Film und was man daraus machen kann!“ So habe ich nach dem Studium angefangen, mir Jobs beim Film zu suchen und mich langsam hochgearbeitet. Damals existierten lediglich zwei Hochschulen in Deutschland, die auch nur in Regie ausbildeten. Dass man die gesamte Filmproduktion studieren kann, kam erst sehr viel später. Heute gibt es zahlreiche professionelle Filmhochschulen. Heute wäre ein Weg, wie ich ihn in die Branche machte, gar nicht mehr möglich.
Warum glauben Sie, dass Filme für den Menschen wichtig sind?
Ich bin ein Kind der Aufklärung und Romantik. Kultur oder Kunst sind der Weg zur Wahrheit. Speziell der Film ist ein unglaublich machtvolles Instrument, mit dem man Werte vermitteln und etablieren kann. Filme beeinflussen Menschen. Ein professionell gemachter Film wird von Millionen von Menschen gesehen. Erst läuft er im Kino an. Irgendwann kommt er ins Fernsehen. Dann gibt es ihn auf DVD und er wird gegebenenfalls noch in andere Länder verkauft.
Der deutsche Film ist im Ausland sehr anerkannt. Menschen in der ganzen Welt sehen unsere Filme, was auch ein Bild von Deutschland in der Welt projiziert. Letztendlich unterhalten wir mit Filmen. Da unterscheiden wir uns nicht viel von damaligen Märchenerzählern. Wir verwenden nur andere Techniken. Wir überlegen, wie kriegen wir die Leute dazu, uns zuzuhören. Wir wollen sie faszinieren.
Ist Filmproduktion in Ihren Augen eine nachhaltige Aufgabe?
Zwar befolgen wir heutzutage Leitlinien für Green Production, dennoch ist es zugegebenermaßen schon ein bisschen absurd, welch gigantischen Aufwand wir betreiben. Der Ressourcenverbrauch ist hoch. Wenn ich über mein Berufsleben hinweg einmal alle Budgets zur Filmproduktion zusammenrechne, könnte man davon fast eine kleine Kleinstadt bauen. Dennoch glaube ich, dass der Mensch ohne Kultur nicht funktioniert. Er braucht Filme und will Geschichten erzählt bekommen. Wir versuchen, es auf eine möglichst nachhaltige Art und Weise zu machen.
Wie ist die Auswahl auf Thabo gefallen? Spielen Aspekte wie Soziales oder Umwelt eine Rolle?
Auf die Story aufmerksam geworden, bin ich durch Mara Eibl-Eibesfeldt, die Regisseurin. Sie erzählte mir vom Kinderbuch von Kirsten Boie. Da geht es um eine Detektivgeschichte. Ich fand es spannend und toll, einen afrikanischen Jungen als Protagonisten zu haben. Um eine Verbindung zur westlichen Welt zu schaffen und Zuschauer und Finanziers mitzunehmen, stößt in der Geschichte noch ein deutsches Mädchen dazu. In der Gruppe lösen sie dann gemeinsam die Fälle. Es gibt in der Story mehrere wirkungsvolle Botschaften zur Nashornwilderei und zum Artenschutz. Dies trug zur Entscheidung für den Film bei. Es ist wichtig, auf diese Problematiken hinzuweisen, und ein gutes Beispiel dafür, was man mit dem Medium Film vermitteln kann.
Was fasziniert Sie an Afrika?
Ich habe schon vorher viel in Afrika gedreht und dort einige Filme gemacht. Ich finde, es ist ein wahnsinnig spannender Kontinent. Mich fasziniert die dortige starke Entwicklung und was dort gerade alles passiert. Ich habe das Gefühl, das wir in Afrika kurz vor einem großen kulturellen Durchbruch stehen. Von dort wird noch sehr viel auch zu uns herüberkommen. Und vielleicht trägt Thabo dazu bei, dass die jungen Zuschauer teilhaben können, an dieser ganz anderen Welt, und diese jetzt schon einmal kennenlernen. Der globale Süden wird immer selbstbewusster, mit Recht, und das mit eigenen Werten, Traditionen und Regeln. Was zum Beispiel in der afrikanischen Modeszene gerade passiert, ist sowas von spannend und toll. Außerdem gibt es eine sehr aktive Filmszene in Nigeria, da redet man von „Nollywood“. Dort werden jedes Jahr tausend Filme produziert. Die sind sehr anders. Damit kann ein westliches Publikum nicht viel anfangen. Aber das kann sich ändern. Heute sind koreanische Film top. Ich habe erste davon vor 20 Jahren gesehen. Damals wäre man nicht auf die Idee gekommen, dass sie weltweit einmal so erfolgreich sein würden. Eine solche Entwicklung kann demnächst auch aus Afrika kommen.
Aber auch in puncto Nachhaltigkeit sind einige Länder Afrikas weit entwickelt. Der afrikanische Kontinent steht vor großen klimabedingten Herausforderungen und ist unverhältnismäßig stark betroffen – von Dürren, Wüstenbildung, Starkregen und Wirbelstürme, die wiederum zu Vertreibung, Migration und Nahrungsmittelkrisen führen können. Das Potenzial für Erneuerbare Energien in Afrika ist riesig. Kenia sieht sich beispielsweise als wichtigen Teil der Lösung der Klimakrise. Es verbraucht sehr wenig fossile Energie und bezieht bereits 92 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. Dies ist ein viel höheren Prozentsatz als bei fast allen anderen Ländern in der Welt. Kenia unterzeichnete im Dezember eines der bislang ehrgeizigsten Handelsabkommen mit der EU, bezogen auf Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte und Gleichstellung.
Sie haben auch andere Filme mit einer Botschaft produziert. In Wüstenblume thematisieren Sie Genitalverstümmelung. In Nirgendwo in Afrika flieht eine Familie vor Nazis und lernt eine neue Kultur und Lebensweise kennen und schätzen. Ist es Ihnen wichtig, als Produzent sozialkritische, weltverbessernde Botschaften rüberzubringen?
Wenn man schon einen so gigantischen Aufwand für einen Film betreibt, sollte dieser auch eine gewisse Relevanz haben. Man sollte wissen, warum man sie macht. Denn diese können sehr zeitintensiv sein. Es ist eine langwierige Angelegenheit, bis ein Drehbuch entwickelt, finanziert, fertiggestellt und herausgebracht ist. Als Produzent macht man in seinem Berufsleben ja nicht hundert Filme. Die Produktion benötig jeweils ein paar Jahre Lebenszeit und man muss sich gut überlegen, mit was man sein Leben verbringt. Außerdem kann es viel Geld verschlingen. Das versuch ich meinen Studierenden auch immer beizubringen. Ob ein Film dann auch jeweils gelingt, ist eine andere Sache. Da spielen so unglaublich viele verschiedene Faktoren rein. Damit ein Film dann wirklich perfekt und gut wird, eine Botschaft vermittelt und erfolgreich wird, braucht man auch eine Portion Glück.
Was geben Sie Ihren Studenten als Professor der Internationalen Filmschule Köln sonst noch mit auf den Weg?
Die Studierenden erhalten natürlich sehr viel Ausbildung, also ganz konkretes Fachwissen. Darüber hinaus, versuche ich ihnen klarzumachen, dass es etwas ganz Persönliches ist. Sie sollten authentische Stoffe entwickeln und lernen, wie man Geschichten erzählt - so, dass die Menschen sie hören wollen. Ich versuche ihnen beizubringen, dass das sehr viel mit ihrer Person zu tun. Wenn man diesen Beruf betreibt, heißt professionell zu sein, nicht alles zu machen, sondern das, was zu einem selbst passt. Filme tragen immer eine bestimmte Handschrift. Als Produzent trifft man Tausende von Entscheidungen. Man benötigt eine bestimmte Haltung, wenn man mit dem Film etwas erreichen will.
Letzte Frage: Gibt es schon ein neues interessantes Projekt?
Ja es gibt ein sehr interessantes neues Projekt, das auch deutlich umfassender als Thabo ist. Da geht’s um Gerechtigkeit und um einen Kriegsverbrecher, der über Jahrzehnte gejagt wird, interessanterweise von drei Frauen. Zum Schluss wird er auch verurteilt. Es ist eine historische, wahre Geschichte. Wir erzählen damit auch eine Heldinnen-Story, deren Rolle zuvor jedoch nie so erzählt worden ist.
Vielen Dank für den Kommentar!
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