An das Kundendialogevent tbchange im Frühjahr 2024 in Berlin denken wir gern zurück. Ein Highlight für unsere Gäste und uns war der Auftritt von Dr. Eckart von Hirschhausen. Warum er seine Kabarett-Karriere zugunsten des Klimaschutzes aufgab und was seine Tipps sind, Menschen dafür zu gewinnen, verrät er uns im Interview.

Sieben Fragen an Dr. Eckart von Hirschhausen

1. Wie kamen Sie auf die Idee, Ihre Karriere ganz und gar dem Thema gesundes Miteinander von Mensch und Umwelt zu widmen?

Prägend war für mich die Begegnung mit Jane Goodall. Ich traf sie für ein Interview beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis, und diese Dame mit ihren inzwischen 89 Jahren ist eine der charismatischsten Menschen, denen ich jemals begegnet bin. Sie ging als junge Frau in den Dschungel und revolutionierte unser Bewusstsein für die Menschenaffen. Heute ist sie die weltweit bekannteste Umweltaktivistin. Sie stellte mir eine ganz einfache Frage: „Wenn der Mensch die intelligenteste Art auf dem Planeten ist – warum zerstört er dann sein eigenes Zuhause?“ Diese Frage hat mich schlucken lassen und mir aufs Eindringlichste gezeigt, dass wir handeln müssen.
 

2. Erklären Sie uns doch bitte gern nochmal mit eigenen Worten die Bedeutung des Namens Ihrer Stiftung: Gesunde Erde – Gesunde Menschen. Welche konkreten Auswirkungen auf die Gesundheit spüren wir schon heute?

Gesunde Menschen gibt es nur auf einem gesunden Planeten. So einfach ist das. Es gibt keine „Umwelt“, sondern eine Mitwelt.Die unmittelbare Gesundheitsrelevanz des Klimawandels hat in der öffentlichen Diskussion bisher gefehlt. Dabei ist die Klimakrise eben kein theoretisches physikalisches Problem von Eisbären. Deutschland ist zum Beispiel ein Land mit massiven Todesfällen durch Hitze. Darüber wird kaum gesprochen, weil die Leute nicht dramatisch - wie bei der Flutkatastrophe - versterben, sondern über einen längeren Zeitraum zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen. Eine stille Katastrophe. Hitze ist nicht nur unangenehm, Hitze tötet. Konkrete Beispiele gibt es viele. Neue Infektionskrankheiten wie das West-Nil-Virus sind in Deutschland heimisch. Ebenso die Überträger anderer Tropenkrankheiten wie die Asiatische Tigermücke. Allergien nehmen stark zu. Zecken übertragen bereits im Januar FSME. Und wenn es lebensbedrohliche Dürren und Hitzewellen gibt, werden Millionen Menschen eine neue Heimat brauchen. Das wird neben unserer Gesundheit auch unsere Sicherheit gefährden, unseren Wohlstand, und unsere Demokratie. 

Exkurs Hitzetod:

3. Wie schaffen Sie es, ernste Themen wie Klimawandel mit Humor zu nehmen?

Humor tut gut. Lachen ist Medizin. Dass weiß nicht nur der Volksmund, sondern inzwischen auch die Wissenschaft insbesondere die positive Psychologie hat in den letzten Jahren viel dazu geforscht. Wir können uns nicht selber kitzeln. Wir können uns aber „anstecken“ lassen, mit Ideen, mit Leidenschaft, mit Lachen. Karl Valentin hat das schön ausgedrückt: Wenn es regnet, freue ich mich, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch. Humorlosigkeit wird die Welt nicht retten. Wir brauchen also eine Kommunikation, die Hirn und Herz verbindet. Und genau das mache ich mit dem Team der Stiftung Gesunde Erde - Gesunde Menschen, um die Mitte der Gesellschaft zu erreichen und für diese Mammutaufgabe zu begeistern. Wir arbeiten mit großen Stiftungen, politischen Entscheidern, Unternehmen und Netzwerken zusammen, auch mit kirchlichen Organisationen, wir sind auf der Weltklimakonferenz, Ärztetagen und dem World Health Summit präsent. Ganz einfach: Wir müssen nicht „das Klima“, „die Erde“ oder „die Eisbären“ retten – sondern uns!
 

4. In Ihrem Vortrag auf dem Triodos Dialogevent tbchange erwähnten Sie, dass man mit Fakten bei den Menschen in der Überzeugungsarbeit oft nicht weiterkommt. Wie gelingt es Ihrer Meinung nach besser, die Menschen aufzurütteln und zu aktivieren?

Dieser Blick auf den persönlichen Fußabdruck und moralischer Druck sind Quatsch. Damit wir und erst recht die nächste Generation ein erfülltes Leben führen können, muss niemand alles richtig machen - das kann man gar nicht. Klar ist es wichtig, Rad statt Auto, Zug statt Flugzeug und Gemüse statt Fleisch zu nutzen. Noch wichtiger: Geld fair anlegen, Gebäude energetisch bauen und sanieren und sich in die Politik einmischen. Die Mehrheit weiß oft nicht, dass sie die Mehrheit ist! Die großen Hebel sind die politischen Rahmenbedingungen. Da hat jeder einen „Handabdruck“! Konkret bei den kommenden Landtagswahlen im Herbst in Deutschland. Wir meckern ja gerne über Politik, Bürokratie und Lieferkettengesetze. Klar ist da auch vieles nervig. Aber wir vergessen schnell, dass wir täglich von sinnvollen Regeln, die für alle gelten profitieren: von Luftreinhaltung, dem Green Deal, der Wiederherstellung von Mooren und Natur, einem wirksamen Emissionshandel – all das steht auf dem Spiel, wenn die Rechtspopulisten aus Deutschland und anderen Ländern das Parlament lahmlegen oder zerstören, wie sie es angekündigt haben. Deshalb meine große Bitte: alle wählen gehen, vereint für die Demokratie! Wir haben eine Zukunft in Europa oder keine. Bitte schlau machen. Und Mund aufmachen. Gerne auch in dieser Reihenfolge (lacht).
 

5. Wieviel Zeit haben wir Ihrer Meinung nach noch – Sie sprachen davon, dass die nächsten zehn Jahre entscheiden über die kommenden 1000 Jahre.

Es gibt Einiges, was mir Hoffnung macht, die nächste Generation zum Beispiel. Sie denkt viele Themen selbstverständlicher und globaler und hat mit „Fridays for Future“ richtig etwas losgetreten. Und das nicht nur in der Politik, sondern auch im privaten Umfeld: Die Diskussionen zu Hause am Küchentisch sind ganz anders geworden, denn die junge Generation fordert regelrecht ein, dass wir Boomer – und da gehöre ich ja auch dazu – jetzt auch mit anpacken und uns einsetzen. In den letzten drei Jahren ist viel mehr passiert als in den letzten 30 Jahren. Insbesondere in den mittelständischen Unternehmen - die strategisch weitsichtiger denken als Großkonzerne, die sich von einer Bilanz zur nächsten hangeln - findet mit dem Generationswechsel auch ein Umdenken statt,  das innovative Ideen hervorbringt. 

Zur Person Eckart von Hirschhausen:

6. Welche Rolle sollte das Finanzwesen, Banken und andere Finanzdienstleister übernehmen beim Umgang mit Nachhaltigkeit?

Wer Vermögen hat oder verwaltet, hat einen riesigen Hebel. Werden weiter Millionen und Milliarden in alte Geschäftsmodelle investiert, die unsere Erde zerstören? Oder setzen wir auf nachhaltige Ideen, die eine lebenswerte Zukunft sichern. Vermögen bedeutet nicht, auf seinem Geld zu hocken, sondern etwas zu bewegen. Ob Energiewende, Mobilitätssektor oder Landwirtschaft: in allen Bereichen müssen wir auf gesündere Lösungen umstellen, die skalierbar sind. Dafür braucht es dann auch entsprechende Investitionen. Wenn man sich fragt, warum bisher in diese Richtung nicht genug passiert, kommt man an einer unschönen Tatsache nicht vorbei: es gibt Leute, die davon profitieren, dass wir weiter von Öl, Kohle und Gas abhängig sind und die in den letzten Jahrzehnten Veränderungen massiv gebremst und verhindert haben. Im Buch „Die Klimaschmutzlobby“ ist das sehr gut erklärt, auch in dem Film „The Merchants of Doubt“. Die Lobby der Vergangenheit ist also gut organisiert – und finanziert. Meine Stiftung agiert als Interessenvertretung der planetaren Gesundheit – wir sind die Lobby der Zukunft. Damit sind wir zum Glück nicht allein und gewinnen kontinuierlich neue Mitstreiter: innen aus allen Bereichen der Gesellschaft. Auch aus der Wirtschaft. 40 % der Deutschen empfinden ihre berufliche Tätigkeit als sinnlos und fühlen sich deshalb erschöpft. Jetzt ist der Zeitpunkt sich zu fragen: Wo hinein möchte ich meine Zeit, meine Fähigkeiten und mein Geld investieren? Teil der Lösung zu werden, fühlt sich verdammt gut an. Als Einzelne und als Gesellschaft müssen wir uns fragen, was uns wirklich wichtig ist. Und ob die alten Paradigmen wie Wirtschaftswachstum und BIP noch geeignet sind, um unseren Wohlstand und Fortschritt zu messen. 


7.  Sie appellieren auch, dass wir uns verbünden sollen mit anderen beim Kampf gegen den Klimawandel. Wie kann das gelingen – was sind ihre persönlichen Tipps für den Einzelnen – wie kann er/sie sich engagieren und wirksam sein?

Ich werde immer wieder gefragt, was der Einzelne tun kann. Meine Antwort: Das Wichtigste, was ein Einzelner tun kann, ist, kein Einzelner zu bleiben! Jede und jeder wird gebraucht, mit Fähigkeiten, Netzwerk, Herz und Hirn. Ja, wir brauchen neue Formen des Zusammenlebens, weniger Konkurrenz, mehr Kooperation und Gemeinwohlorientierung. Statt wie in den 1980er-Jahren die »Selbstfindung« als das wichtigste Projekt seines Lebens anzusehen, könnte es heute genau um das Gegenteil gehen: die Selbstaufgabe – weniger Ego und Optimierung, mehr Hingabe und Bereitschaft, zu teilen. Damit ließen sich zwei Dinge verbinden: die Rettung der eigenen seelischen Gesundheit und die dringend notwendige Reduktion unseres Ressourcenverbrauchs.

Jeder kennt jemanden, der jemanden kennt. Die konkrete Frage, die sich jeder stellen kann, lautet also: An wen komme ich heran, der ein bisschen mehr Möglichkeiten hat, etwas zu ändern, als ich es mir selbst gerade zutraue? … Die Mehrheit weiß oft nicht, dass sie die Mehrheit ist.

 

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