Schon vor der Fertigstellung wurde das neue Gebäude mit dem Titel "Bürogebäude des Jahres 2019" in den Niederlanden ausgezeichnet. Was es so besonders macht? Auf den ersten Blick sind es die runden, organischen Formen, die komplett verglasten Außenwände und die begrünten Dächer, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Gleichzeitig fügt sich das Bauwerk ganz natürlich in die waldreiche Umgebung des Landguts De Reehorst in Driebergen, nahe Utrecht ein. Und es hat dieser Natur durch die Anlage von Wäldern und Teichen einen zusätzlichen Schub gegeben. Selbst an einem düsteren Novembertag kreist der Bussard und der Turmfalke schwebt über dem Gelände.
Drinnen angekommen, verstärken die imposanten Holzsäulen, hölzernen Wandplatten und Möbel diesen Eindruck von Natürlichkeit. Architekt Thomas Rau nennt es "eine Kathedrale aus Holz". Von außen wirkt das Gebäude leicht und luftig. "Wenn man drinnen ist, spürt man, wie es einen umhüllt", sagt Matthijs Bierman, der ehemalige Geschäftsleiter der Triodos Bank in den Niederlanden, der eng in den Bau eingebunden war.
Sieben Jahre lang verbrachte Bierman "mindestens einen halben Tag" pro Woche mit dem Bauprojekt, zusätzlich zu seiner regulären Arbeit. Er stellte fest, dass die Triodos Bank zwar oft nachhaltige Gebäude finanziert, aber nur selten die Gelegenheit hat, ein solches Gebäude selbst zu bauen. Und wenn sich die Gelegenheit ergibt, muss sie aufstehen und "praktizieren, was sie predigt". Die Kollegen*innen waren aus ihrer alten Umgebung herausgewachsen und suchten nach Büroräumen. Es musste in der Nähe eines Bahnhofs sein - was bei dem alten Gebäude nicht der Fall war. Das war eine absolute Bedingung. Und es musste unsere Identität ausdrücken. Aber an zentral gelegenen Bahnhöfen wie denen in Utrecht und Amersfoort gab es keine geeigneten bestehenden Büroflächen, die für eine Sanierung zur Verfügung standen.
Nach Hause kommen
Dann fiel der Blick auf das Anwesen De Reehorst in Driebergen-Rijsenburg, nur einen Steinwurf vom Bahnhof Driebergen-Zeist entfernt. Dort war 1971 auch die Triodos-Stiftung, die Vorläuferin der Bank, gegründet worden. Es wäre also eine Art "Heimkehr" der Bank.
Bierman: "Wir wollten das Gelände nutzen, um Natur, Kultur und Wirtschaft im Einklang zu entwickeln." Das Gelände ist Teil des Nationalen Ökologischen Netzwerks, aber es war unter anderem durch die Umgestaltung des Bahnhofsgeländes unter Druck geraten. Der Bau musste auch die Kulturgeschichte der Siedlung respektieren, indem zum Beispiel alte Sichtachsen wiederhergestellt wurden. Und das bedeutete, so sagt er, dass es einen "integrierten Entwurf" geben musste. "Normalerweise entwirft man zuerst ein Gebäude und schaut sich dann den Garten, die Umgebung und das Innere an. Aber wir haben von Anfang an entschieden, dass diese Bereiche zusammen geplant werden müssen."
Das Trio Thomas Rau von RAU-Architects (das Gebäude selbst), Odette Ex von Ex Interiors und Pieter Arkenbout von Arcadis (Landschaft und Natur) teilten sich die Verantwortung für den Entwurf. Bierman: "Vor allem der Architekt Thomas Rau hat uns davon überzeugt, ein komplett aus Holz bestehendes, wiederaufbaubares Büro zu wählen. Daraus ist etwas Spektakuläres geworden.“
Fünf-Sterne-Lego-Set
"Von der Immobilie zur wieder zusammensetzbaren Immobilie", mit diesem Konzept habe Thomas Rau die Bank überzeugt. 165.312 Schrauben halten das Gebäude zusammen, so dass man es abbauen und an anderer Stelle wiederaufbauen kann. Die Daten aller verwendeten Materialien sind im "Madaster" gespeichert, der öffentlichen Materialdatenbank, die seine Firma angelegt hat, um Materialien eine Identität zu geben. So wird Verschwendung vermieden, denn Abfall sind laut Rau Materialien ohne Identität. "Dieses Gebäude wird hoffentlich eine völlig neue Baukultur einleiten", sagt der Architekt. Ein Bauwerk ist nicht für die Ewigkeit. Diese Vergänglichkeit wird dadurch deutlich, dass alles wieder zusammensetzbar ist. Der große "Fünf-Sterne-Lego-Baukasten" sei das Ergebnis eines intensiven Prozesses zwischen dem Bauherrn und dem Entwurfstrio, sagt er.
Kreisläufe
Thomas Rau drückt den revolutionären Charakter des Entwurfs aus, indem er eine Reihe von Begriffen umdreht: von Eigentum zu Qualitätsland mit höheren natürlichen Werten; von Baustelle zu Baugrundstück; vom Landeigentümer zu Landmanager; und von CO2-Emissionen zu CO2-Absorption. 1.633.052 kg CO2 sind im Holz des Gebäudes gespeichert. In den deutschen Wäldern, aus denen es stammt, wachsen die 2.623 m3 Holz in 11 Minuten und 36 Sekunden nach. Und die wichtigste Wendung: von der Nachhaltigkeit zur Kreislaufwirtschaft. „Nachhaltigkeit optimiert und erleichtert den Besitz. Kreisläufe bieten die Endlichkeit und fördern die Verantwortung.“
Fledermäuse
Der einzige Teil des Gebäudes, mit dem die Planer zu kämpfen hatten, war das Untergeschoss, so Rau. „Wir konnten es nicht aus Holz bauen, weil der hohe Grundwasserspiegel auf dem Gelände ein Risiko darstellte. Dafür müssen wir beim nächsten Projekt eine Lösung finden.“
Aber abgesehen davon sei der integrierte Prozess außerordentlich fruchtbar gewesen, sagt er. Zum Beispiel berücksichtigt der Entwurf die Flugroute der lokalen Fledermäuse. Durch das Gründach und die angelegten Tümpel leben Insekten und Vögel besser als zuvor auf dem Anwesen. Regenwasser speist das Gründach, wird aber auch für die Toilettenspülung genutzt. Und für das Parken, oft die Achillesferse von "grünen" Bürogebäuden, wurde eine originelle Form gefunden. In einer "bidirektionalen" Ladestation mit großem Solardach können Elektroautos nicht nur ihre Batterien aufladen, sondern diese Batterien können wiederum zur Speicherung von Sonnenenergie genutzt werden. Dank des Solardachs, das 505.000 kWh pro Jahr liefern muss, ist das Büro „energiepositiv“.
Plätze in der ersten Reihe
„Es muss Spaß machen, in dem Gebäude zu arbeiten, mit viel Licht, schöner Aussicht und eleganten, recycelten Möbeln. Jeder Mitarbeiter soll das Gefühl haben, in der ersten Reihe und auf den besten Plätzen zu sitzen", sagt Thomas Rau. Wird dadurch auch eine andere Arbeitsweise gefördert? „Die Bank hat jetzt ein hölzernes, rundes und nicht nur nachhaltiges Rückgrat. Ich hoffe, dass dies die Bank dazu inspiriert, sich noch besser innerhalb der sich entwickelnden Kreislaufwirtschaft zu positionieren.“ Der ehemalige Geschäftsleiter Matthijs Bierman: „Im Erdgeschoss gibt es flexible Arbeitsräume, die zum Teil anderen Unternehmern zur Verfügung stehen, die Geld als Mittel sehen, um die Welt zum Besseren zu verändern. Der erste Stock ist ein 'Collaboration Space' für Mitarbeiter, wo wir in der Regel in Projektteams arbeiten. Außerdem hat jede Abteilung ihre eigene Homebase, eine wichtige Lektion der neuen, flexiblen Arbeitsweise."
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