Mehr als neun Monate nach Beginn der Corona-Krise bekommen wir allmählich eine Vorstellung von dem enormen Schaden, den die Pandemie in der niederländischen Wirtschaft angerichtet hat. Eine einfache Berechnung legt nahe, dass sich die Gesamtkosten auf über 175 Milliarden Euro belaufen werden. Die nächste Frage ist unweigerlich: Wer wird das bezahlen? Das derzeitige Mantra lautet, dass wir nicht sofort mit dem Sparen beginnen müssen und dass die Kosten über einen längeren Zeitraum zurückbezahlt werden können. Das verstehe ich nicht. Was nützt es den zukünftigen Generationen, dass wir jetzt so viel Geld für uns selbst ausgegeben haben?

Es ist natürlich noch zu früh, um die vollen Kosten zu kennen. Aber die jüngste Berechnung vom CPB, dem niederländischen Büro für wirtschaftspolitische Analysen, lässt einige vorsichtige Schlüsse zu.

Erstens wurde die Wirtschaftsleistung auf lange Sicht gedämpft: Die wirtschaftliche Aktivität wird im Jahr 2025 um 4,5 % niedriger sein als zuvor berechnet. Mit anderen Worten: Die Niederlande werden um 40 Milliarden Euro ärmer sein als erwartet. Aber das ist noch nicht alles. Die Staatsverschuldung wird im Jahr 2025 aufgrund des Virus deutlich höher ausfallen, nämlich über 138 Milliarden Euro. Alles in allem sieht es also so aus, als ob uns diese Krise längerfristig mindestens 175 Milliarden Euro kosten wird. Und dann sind da noch die Gesundheitsschäden, die das Virus verursacht. Den Kosten steht ein Nutzen gegenüber: Die gesundheitlichen Schäden hätten schlimmer ausfallen können und ohne staatliche Unterstützung wären auch die langfristigen Auswirkungen auf die Wirtschaft viel größer.

 

Wir können nie genau berechnen, ob der Nutzen die Kosten überwiegt.

Hans Stegeman ist  Chefstratege bei Triodos Investment Management

Denn wir können nicht genau wissen, was passiert wäre, wenn die extremen Maßnahmen nicht eingeführt worden wären. Was wir aber wissen, ist, dass kurze und strikte Lockdowns (gefolgt von Track and Trace) besser funktionieren als halbgare Maßnahmen. Abgesehen vom gesundheitlichen Aspekt zeigen die Makrodaten schon jetzt, dass wir es mit einer Krise zu tun haben, die mindestens die Ausmaße der Großen Finanzkrise von 2008/2009 hat.

Es erscheint logisch, die Rechnung denjenigen zu präsentieren, die am meisten von den aktuellen Ausgaben profitieren. Und das sind wir! Alle Kosten, die entstanden sind, sind entweder direkte Gesundheitskosten (d.h. sie zielen darauf ab, uns weniger krank zu machen), oder Kosten, um den Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern.

Ein Argument, das man dagegen anführen könnten, ist dieses: Wir übergeben wenigstens eine solide und funktionierende Wirtschaft an die nächsten Generationen. Wären diese 175 Milliarden Euro für mehr Nachhaltigkeit und für produktive Investitionen verwendet worden, wäre das ein hervorragendes Argument gewesen. So aber ist es eigentlich ein furchtbares Argument, denn mit der meist auf fossilen Rohstoffen basierenden Wirtschaft in Europa tun wir künftigen Generationen wirklich keinen Gefallen.

Es erscheint logisch, die Rechnung denjenigen zu präsentieren, die am meisten von den aktuellen Ausgaben profitieren. Und das sind wir!
Hans Stegeman

Heißt das also, wir sollten uns zurückziehen? Nach der großen Finanzkrise war das in der Tat die Panikreaktion, die im öffentlichen Sektor sofort einsetzte: den Gürtel enger schnallen! Jetzt, über zehn Jahre später, könnte die Reaktion nicht unterschiedlicher sein. Keiner spricht mehr von Sparmaßnahmen. Es geht um ein ganz anderes Thema: Nach der Finanzkrise haben die Politiker festgestellt, dass Sparmaßnahmen immer politischen Selbstmord bedeuten. Und dieses Mal gibt es auch keine Möglichkeit, den Schwarzen Peter den Bankern zuzuschieben. Warum sollte man das also tun?

Und nicht zu sparen ist jetzt auch eine Option. Die Zentralbanken haben - aus Sorge vor einer Wiederholung der Ereignisse von vor zwölf Jahren - die Märkte mit einer monetären Überdosis betäubt. Und deshalb können wir weiter so leben, als ob nichts wäre. Während sich die eigentliche Diskussion natürlich darum drehen sollte, wie wir den Schaden jemals beheben und eine Wirtschaft schaffen können, die auch künftigen Generationen nützt.

Heißt das, dass ich für harte Sparmaßnahmen plädiere, wie sie auf die Finanzkrise folgten? Nein. Was ich befürworte, sind Ausgaben, die auch künftigen Generationen nützen. Und das bedeutet, nicht nur Geld auszugeben, um unsere fossile Wirtschaft zu retten. Und ja, wir werden in den kommenden Jahren irgendwo Geld holen müssen. Aber vielleicht sollte dieses Geld in erster Linie von denen kommen, die jetzt am meisten profitieren: von den Unternehmen und den Vermögenden in unserer Gesellschaft.

Hans Stegeman